Frederick

Mit einem Karnevalstusch ins Leben

Zunächst möchte ich ganz herzlich dem ganzen Geburtshaus-Team für die hervorragende Betreuung in der Schwangerschaft, bei der Geburt und auch im Wochenbett danken. Ihr habt mich immer wieder bestärkt in die Kraft und das Können meines Körpers zu glauben. Besonderen Dank gilt Edith, die mich und auch meinen Mann so toll bei der Geburt unterstützt und somit dazu beigetragen hat, dass es für uns ein unvergessliches und wunderschönes Erlebnis geworden ist. Es hat unser Leben bereichert. Auch Dori wollen wir besonders danken. Nicht nur durch den informativen Geburtsvorbereitungskurs sondern auch durch ihre sehr gute Wochenbettbetreuung, hat sie uns als kleine Familie nach unseren individuellen Bedürfnissen unterstützt und uns in unserem Elternsein gestärkt.

Mir war schon vor der Schwangerschaft klar, dass ich nach Möglichkeit außerklinisch entbinden möchte. Ich hatte viele Berichte zu dem Thema gelesen und Videos von anderen Geburtshäusern im Internet geschaut. Sehr beruhigend und ermutigend waren die schönen Geburtsberichte auf der Geburtshaus-Homepage. Vor der Schwangerschaft war ich oft unsicher, ob ich überhaupt ein eigenes Kind möchte und ob ich dieser Aufgabe gewachsen bin insbesondere der Schwangerschaft und auch der Geburt. Diese Recherchen haben unter Anderem dazu beigetragen, dass ich den Mut hatte mich für unseren Kinderwunsch zu entscheiden und mich auf eine Schwangerschaft einzulassen. Zu unserem großen Glück bin ich kurz darauf schwanger geworden. Beim Infoabend im Geburtshaus Bielefeld wurde mein Entschluss, dort entbinden zu wollen, nur noch untermauert und auch mein Mann war dann komplett überzeugt. Überglücklich noch einen Platz für die Entbindung bekommen zu haben, verließen wir an diesen heißen Sommerabend das Geburtshaus. Auch auf die Vorsorgetermine in der Schwangerschaft, die wir im Geburtshaus wahrgenommen haben, freuten wir uns jedes Mal. Hingegen die Termine bei meiner Frauenärztin empfanden wir zunehmender als lästig und unangenehm. Es war zwar immer sehr schön unseren Sohn im Ultraschall sehen zu können, aber aufgrund meines Schwangerschaftsdiabetes wurde leider meine Verunsicherung eher geschürt als genommen. Aus meiner Bilderbuch-Schwangerschaft ist dann ein krankhafter Zustand gemacht worden. Außerdem hatte ich leider nicht das Gefühl, dass ich als Erstgebärende mit meinen individuellen Bedürfnissen ernst genommen werde. Es hatte immer etwas von Abfertigung und ich hatte nie das Vertrauen alles anzusprechen, was mich bezüglich der Schwangerschaft beschäftigt. Wir hatten erwartet, dass die Aufklärung und Betreuung beim Arzt gerade bei der ersten Schwangerschaft besser ist und sich doch mehr Zeit dafür genommen wird. Ganz anders war es im Geburtshaus und dafür sind wir beide sehr dankbar. Trotz des ernstzunehmenden Schwangerschaftsdiabetes, welcher durch eine Ernährungsumstellung gut eingestellt war, empfand ich die Schwangerschaft als sehr schön.

Nun komme ich zu meinem Geburtsbericht:

In den letzten Wochen vor der Geburt bin ich zur Vorsorge nur noch ins Geburtshaus gegangen. Somit hatte ich auch zwei Tage vor der Geburt, also am Samstag den 06.02.16, nochmal einen Vorsorgetermin bei Johanna. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon 4 Tage über dem errechneten Termin. Wir und auch unsere Familie platzten fast vor Vorfreude und Neugier auf unseren Sohn bzw. Enkel und Neffen. Johanna empfahl uns einen Wellnesstag in der Therme einzulegen. Salzwasser und auch die Wärme dort können sehr wehenfördernd sein, meinte sie. Also fuhren wir an diesem Abend in die Bali Therme nach Bad Oeynhausen. Wir machten einen Aquafit-Kurs mit, wechselten von Whirlpool, Dampfsauna und Heileisenbad hin und her. Wir gaben alles um die Wehen in Gang zu bringen. Leider ohne Erfolg. Am Sonntagmorgen war ich schon ganz frustriert. Ich und auch mein Mann waren jetzt mehr als bereit unseren Sohn endlich in die Arme zu schließen, ausgiebig mit ihm zu kuscheln und ihn zu betrachten. Er sollte endlich kommen. Um uns etwas abzulenken, besuchten wir am Sonntagabend meine Eltern. Meine Mama bot mir an, ein heißes Bad zu nehmen. Leider haben wir Zuhause keine Badewanne und ich hoffte, dass dadurch etwas in Gang kommt. Insgeheim hoffte das meine Mama wohl auch, weil sie im Anschluss zusätzlich meine gegrillten Geflügelspieße so scharf mit Cayennepfeffer würzte. Auch sie gab alles, was in ihrer Macht stand, damit sich ihr Enkelsohn endlich auf den Weg macht. Tatsächlich tat sich was. Während des Essens bemerkte ich in regelmäßigen Abständen ein stärkeres Ziehen im Bauch. Außerdem konnte ich plötzlich nicht mehr gut auf dem Stuhl sitzen. Ich rutschte darauf hin und her. Trotzdem ließ ich mir nichts anmerken. Doch mein Mann beobachtete mich und merkte sofort, dass etwas mit mir sei. Sagte aber noch nichts. Gegen 21:30 Uhr verabschiedeten wir uns und meine Eltern hatten bis dahin noch nichts bemerkt. Als wir dann alleine im Auto saßen, konnte ich die Wehen nicht weiter verbergen. Noch tat ich sie als stärkere Übungswehen ab. Zuhause angekommen, entschieden wir uns noch einen kleinen Spaziergang durch unsere Wohnsiedlung zu machen. Spazierengehen ist bekanntlich auch wehenanregend und eventuell, so hofften wir, würden meine „Übungswehen“ sich verstärken und unseren Sohn doch noch dazu animieren endlich herauskommen zu wollen. Unterwegs musste ich die Wehen dann schon auf „A“ veratmen, was sich für meinen Mann schon ziemlich kläglich angehört haben muss. Ich erklärte ihm in den Wehenpausen, dass es sich schlimmer anhört als es eigentlich sei und ich die Wehen so gut aushalten könne. Ich vertraute meinem Körper. Ohne Angst ließ ich ihn seine Arbeit machen. Auch wenn es bedeutete, dass ich einige komische Geräusche von mir gab. Wieder Zuhause hielten wir per Wehen-App die Abstände und Längen der Wehen fest. Die Abstände waren schon alle 5 Minuten, doch die Wehenlänge lag meistens nur bei einer halben Minute. Ich bezweifelte zu diesem Zeitpunkt immer noch, dass es richtige Wehen seien. Ich machte den ultimativen Test und ging unter die heiße Dusche. Dort sollte es sich zeigen, ob sich die Wehen weiter verstärken oder wieder weggehen. Ich erhoffte mir den gleichen Effekt, wie in der Badewanne. Leider schwächten sich meine Kontraktionen danach wieder etwas ab und wir beschlossen unser Nachtlager zunächst im Wohnzimmer aufzuschlagen. Bei Fehlalarm hätte mein Mann an dem Tag wieder arbeiten müssen. Es war schließlich schon früher Montagmorgen. Rosenmontag. Ich machte leise meine Lieblingsmusik an und die einzigen Lichtquellen waren einige Kerzen, die wir angezündeten hatten. Mein Mann machte ein Nickerchen und ich saß halbliegend auf meinem Kopfkissen auf unserem Sofa, weil selbst dieses mir zu hart zum Sitzen war. Die schwächeren Wehen kamen trotzdem noch in einer gewissen Regelmäßigkeit, aber ich dachte mir nichts mehr dabei. Außer „Schade, es wird wohl heute nichts mehr!“. Ich entspannte zu der Musik und döste etwas ein. Dann machte es „Plopp“. Die Fruchtblase war geplatzt und etwas Fruchtwasser lief auf mein Kopfkissen bevor das Köpfchen den Weg wieder etwas verschloss. Leise weckte ich meinen Mann mit den Worten: „Meine Fruchtblase ist geplatzt!“. Er war sofort hellwach und begleitete mich ins Badezimmer. „Jetzt sollten wir doch mal im Geburtshaus anrufen.“: sagte ich zu ihm. Dann ging es Schlag auf Schlag. Ich bekam starke Wehen und fing an zu zittern. Ich versuchte trotzdem ruhig zu atmen. Ich trank ein Glas Wasser mit einer aufgelösten Calcium-Brausetablette darin. Es hat sofort gegen das Zittern geholfen. Mein Mann stand mit dem Telefon am Ohr neben mir. Edith meldete sich etwas schlaftrunken am anderen Ende. Er schilderte ihr die Situation und sie fragte ihn, ob ich mit ihr telefonieren könne. Doch in dem Moment hörte sie mich schon im Hintergrund und erkannte, dass ich nicht mehr mit ihr telefonieren wollte bzw. konnte. Wir verabredeten uns eine Dreiviertelstunde später im Geburtshaus. Das hatten wir nicht erwartet. Ein paar Minuten darauf hatte ich das übermächtige Gefühl mitschieben zu müssen. Mein Mann rief wieder bei Edith an. Wir sollten uns sofort auf den Weg machen. Tasche und Maxi-Cosi waren noch nicht parat und mussten noch im Auto verstaut werden. Auch wir mussten uns schnell anziehen. Hierfür nutzen wir die kurzen Wehenpausen. Dann wurde ich ins Auto verfrachtet. Es war nicht angenehm die Wehen im Sitzen auszuhalten. Ich schaltete die Sitzheizung an und hoffte auf etwas Linderung. Doch so ohne Bewegungsfreiheit auf diesen harten Sitz empfand ich die Wehen nicht mehr ganz so aushaltbar. Wir nahmen unterwegs jede rote Ampel mit und auf der A33 waren nur Schnarchnasen unterwegs. Mein Mann blieb die ganze Zeit erstaunlich ruhig und dachte sogar an den Blitzer auf dem Ostwestfalendamm, obwohl ich in dem Moment, wo wir den Blitzer passierten, eine echt starke Wehe hatte und laut brüllte, um diese übermächtige Energie in mir freizusetzen. Kurz vor dem Geburtshaus nahmen wir noch zwei rote Ampeln mit. Wir waren die Einzigen, die dort unterwegs waren und warteten. Mein Mann parkte direkt vor dem Geburtshaus und Edith nahm uns freudestrahlend in Empfang. Ich stapfte schon vor ins Geburtszimmer mit der Überzeugung wieder nach Hause geschickt zu werden, weil der Muttermund noch nicht weit genug offen sei. Dort war schon alles für die Geburt vorbereitet. Edith war wohl anderer Überzeugung. Sie untersuchte mich und stellte zu meiner Erleichterung fest, dass der Muttermund 8 cm weit offen war. Sie meinte noch, dass es erstaunlich gewesen sei erst so spät von uns zu hören. Sie kontrollierte in den Wehenpausen kontinuierlich die Herztöne von unserem Sohn. Er war die ganze Zeit tiefenentspannt. Ich war es nicht mehr so ganz. Ich veratmete einige Wehen im Stehen, im Liegen und auch auf der Toilette. Während Edith ein Bad einließ. Mein Mann war eine ganz tolle Unterstützung für mich und auch Edith gab mir die nötige Sicherheit meinem Körper weiterhin zu vertrauen und dass alles in Ordnung sei. Sie war immer anleitend da. Sie hat uns aber als Paar die Geburtsarbeit ungestört machen lassen. Kurz darauf war mein Muttermund vollständig geöffnet. Die Beiden halfen mir in die Badewanne und ich entspannte etwas im warmen Wasser. Nur leider waren die Wehen nicht mehr so effektiv und die halbliegende Position war auch nicht so meine. Das erkannte auch Edith und half mir wieder aus der Wanne. Sie empfahl mir noch einige Wehen auf der Toilette auszuhalten. Also taperten wir zu Toilette, wo mich mein Mann in den Wehen nicht davon abhalten konnte, dass ich mich an dem heißen Heizkörper festgehalte. Bei der anderen Hand bestand er aber darauf, dass ich mich doch bitte an ihm und nicht an dem Klopapierrollenhalter klammern soll. Er wollte wohl keinen Haftpflichtschaden wegen abgerissenen Toiletteninventars riskieren. Ungefähr fünf Wehen später, mittlerweile war da schon ordentlich Kraft dahinter und ich schob schon etwas mit, gingen wir wieder zurück ins Geburtszimmer. Edith stellte fest, dass das Köpfchen sich nun durch mein Becken gedreht hatte. Sie wollte nun Meike kurz anrufen, welche an diesem Morgen die zweite, diensthabende Hebamme war, damit sie zur Geburt anwesend sei. Edith bat meinen Mann die Schuhe auszuziehen und sich auf die Bettkante zu setzen. Ich sollte mich nun in die Hocke vor ihn begeben und mich mit meinen Unterarmen auf seinen Oberschenkel abstützen. Dann hatte ich eine kraftvolle Presswehe nach der anderen. Ich schob im Rhythmus meines Körpers mit und empfand diese Phase der Geburt als Erleichterung. Das Köpfchen war ziemlich schnell geboren und das Druckgefühl wurde weniger. Edith leitete mich an nochmal kräftig mitzuschieben. Von einem auf den anderen Moment lag unser Sohn vor uns auf dem ausgebreiteten Handtuch. Nach kurzem Abrubbeln mit dem Tuch, schrie er kräftig und schaute uns an. Ich durfte in hochnehmen und mein erster Kommentar war: „Der ist aber schwer!“. Daraufhin pinkelte mein Sohn mich zum ersten Mal an. Nachdem die Nabelschnur auspulsiert war, schnitt mein Mann sie durch. Unser Frederick wurde am 08.02.16 um 5:14 Uhr geboren. Er wog 3960g und war 51cm groß.

Edith machte mich etwas sauber und half mir auf das Bett und deckte mich für einen Moment zu. Währenddessen hielt mein Mann seinen Sohn zum ersten Mal und hat sich, genauso wie ich, gleich in ihn verliebt. Dann ging die Tür auf und Meike betrat mit einem überraschten Gesichtsausdruck das Geburtszimmer. „Er ist ja schon geboren.“: war ihre erste Bemerkung. Edith erwiderte: „Ich war auch ganz überrascht. Sie hat den Kleinen nur so rausgeschoben.“ Darauf meinte Meike mit einem Lächeln: „Und ich habe mir Zeit gelassen. Habe Zähne geputzt, Kontaktlinsen eingesetzt und meine Hunde gefüttert. Meine erste Hebamme meinte ja, dass ich mich ganz in Ruhe fertigmachen soll und ich mache was meine erste Hebamme mir sagt. Schade, jetzt habe ich die Geburt verpasst.“ Ihr blieben jetzt nur noch übrig meinem Mann beim Anziehen von Frederick zu helfen und vorab die U1 durchzuführen. Ich gebar währenddessen die Plazenta. Edith kontrollierte diese und untersuchte mich auf Geburtsverletzungen. Sie stellte nur eine Hautverletzung fest, welche aber genäht werden musste. Sie betäubte die Stelle mit einem Gel und einem Spray. Bevor es genäht wurde, haben wir als kleine Familie die Gelegenheit bekommen uns etwas kennenzulernen und zu kuscheln. Frederick war gleich sehr aufgeweckt und hatte auch direkt Hunger. Meike half mir beim ersten Anlegen. Danach waren wir erst einmal unter uns. Später wurde meine kleine Verletzung von Edith versorgt, was überhaupt nicht wehgetan hat. Dann waren wir zunächst wieder ungestört bis die Beiden mit dem liebevoll zubereiteten Frühstück reinkamen. Mein Mann fütterte mich mit Weintrauben während ich noch auf dem Bett mit meinem Sohn kuschelte. Mein Mann trank einen Kaffee, welcher ihm schon während der Geburt immer wieder von Edith angeboten worden war, aber keiner der Beiden war dazugekommen. Anschließend half mir Edith noch beim Duschen und Anziehen. Meike und mein Mann machten unseren Sohn abreisebereit. Edith und Meike begleiteten uns abschließend zum Auto, drückten uns nochmal ganz fest und wünschten uns eine schöne Zeit mit unserem Frederick. Um ca. 7:30 Uhr machten wir uns auf den Heimweg. Zum ersten Mal als kleine Familie und in ein neues Leben.

Abschließend möchte ich noch Folgendes anfügen:

Ich hoffe für die Zukunft, dass dem Berufsstand der Hebammen in unserer Gesellschaft wieder mehr Respekt und Wertschätzung entgegen gebracht wird. Auch der außerklinischen Geburt sollte gesellschaftlich wieder offener gegenüber gestanden werden. Meiner Meinung nach hilft es einer Gebärenden mehr eine zuverlässige und vertraute Hebamme an ihrer Seite zu haben sowie eine ruhige und ungestörte Atmosphäre als jedes Schmerzmittel. Dies gilt auch den Frauen, die noch im Zwiegespräch mit sich selber sind, ob sie außerklinisch entbinden wollen. Entscheidet nach eurer Intuition und lasst euch nicht von Außenstehenden und ihren Horrorgeschichten beeinflussen. Geht euren eigenen Weg und macht eure eigenen Erfahrungen. Unser Körper ist dafür gemacht ein Kind auszutragen und zu gebären. Vertraut darauf und lasst euch nichts anderes einreden!

Kommentar schreiben

Du kannst folgendes HTML verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>