Junges Glück

Als ich in fortgeschrittener Schwangerschaft (ca. 31 SSW) überraschend doch noch
einen Platz im Geburtshaus bekommen habe, war das ein echter Glücksfall und
rückblickend bin ich unendlich dankbar dafür. Wir hätten nie gedacht, wie sehr uns
diese Entscheidung begleiten und stärken würde.
Von Anfang an fühlten wir uns in der Betreuung unglaublich gut aufgehoben. Die
Hebammen im Geburtshaus sind nicht nur fachlich kompetent, sondern vor allem auch
menschlich einfach großartig: empathisch, zugewandt, herzensgut und voller Ruhe. Sie
haben uns nicht nur medizinisch vorbereitet, sondern auch emotional begleitet, mit
Offenheit, Verständnis und ganz viel Wissen. Dabei war ich im Wechsel sowohl beim
Gynäkologen als auch bei den Hebammen im Geburtshaus zur Untersuchung, sodass
ich fast alle Hebammen vor der Geburt kennenlernen konnte.
Als es dann so weit war, verlief die Geburt sehr schnell – schneller, als wir erwartet
haben. So schnell, dass es beinahe eine Hausgeburt geworden wäre. Wir hatten die
zeitliche Dynamik unserer Geburt völlig unterschätzt. Begonnen hatten meine Wehen
schon früh am Morgen, nur hatte ich sie als Senkwehen abgestempelt und versucht
mich mental drauf einzulassen und sie zu „veratmen“. Als die Wehen dann irgendwann
intensiver und regelmäßiger kamen, wurde mir klar, dass es sich um Geburtswehen
handelt. Gut, dass wir uns im Vorfeld intensiv mit dem Thema natürlicher Geburt
auseinandergesetzt haben und durch das Geburtshaus so bestärkende Vorbereitung
erleben durften. Was die Geburt für uns besonders gemacht hat, war vor allem eines:
die Selbstbestimmtheit. Zu Beginn der Schwangerschaft wollten wir nämlich eigentlich
in einer Klinik entbinden – die Verantwortung über den Geburtsverlauf wollten wir dabei
dem Klinikpersonal geben und es einfach „geschehen“ lassen. Uns war gar nicht
bewusst, dass eine Geburt auch ohne ärztlichen Beistand, in einer sicheren und
geborgenen Atmosphäre möglich ist und sogar erfüllend sein kann. Diese Erkenntnis
kam erst im Verlauf der Schwangerschaft. Zum Glück!
Mein Mann hatte sich um die Anmeldung im Geburtshaus gekümmert, da ich meine
intensiver werdenden Wehen veratmet habe. Als meine Wehen dann immer schneller zu
kommen schienen, spürte ich auch wie die Intensität zunahm, ich veratmete und
vertönte die Wehen stärker und irgendwann kam das Bauchgefühl: „Wir müssen los!“
Auf dem Weg ins Geburtshaus riefen wir an und baten darum, dass die Geburtswanne
vorbereitet werden kann, da ich bereits auf der Fahrt Presswehen bekam. Kaum
angekommen veratmete ich zwei weitere Wehen „an Land“ und stieg dann in die
Geburtswanne. Da ich selbst gerne im Wasser bin, fühlte es sich natürlich an, die
Geburt dort fortlaufen zu lassen. Mein Mann und die Hebammen bestärkten mich unter
jeder Wehe und sprachen mir gut zu, niemand ging in meine Erfahrung ein und ich
konnte mich voll auf meine Atmung und meinen Körper konzentrieren. Zwei Stunden
später hielt ich meinen Sohn im Arm und war völlig überwältigt. Nachdem die Plazenta
ebenfalls „geboren“ wurde, duschte ich mich ab und wir legten uns als frisch gebackene
Familie ins Bett. Die Hebammen zogen sich zurück, um die Bürokratie hinter der Geburt zu erledigen und wir hatten Zeit uns kennenzulernen und unser junges Glück
gemeinsam zu genießen. Nach einer kleinen Stärkung (wir hatten eine sehr leckere
Pizza) wurde ich dann nochmals untersucht und versorgt. Wir bekamen noch Infos mit
und sprachen über offene Themen, dann wurden wir auch schon auf den Heimweg
entlassen – ca. 3 Stunden nach Geburt. Ich fühlte mich gut und war überglücklich.
Direkt ins eigene Bett zu können und das Wochenbett dort zu starten war die beste
Entscheidung für uns, wir konnten uns gar nicht vorstellen diese schöne, erste Zeit noch
in einem Krankenhaus zu verbringen.
Die gesamte Betreuung durch das Geburtshaus war durch Vertrauen und ehrliche
Information geprägt. Dadurch konnten wir unser eigenes Vertrauen in den natürlichen
Geburtsprozess und vor allem in uns selbst stärken. Parallel dazu haben wir uns mit
dem Thema „Hypnobirthing“ auseinandergesetzt. Der Ansatz, dass Geburt ein
natürlicher Prozess ist, wird dort wieder bewusst gemacht. Und genau dieses „Ur
Vertrauen“ hat uns getragen. Die Geburt war ein wunderschönes Erlebnis – und dass ich
das einmal sagen würde, war vor der Geburt ein ferner, utopischer Gedanke. Natürlich
war sie intensiv, aber nicht im negativen Sinne. Sie war kraftvoll und überwältigend –
aber nicht so, wie man es aus Erzählungen oder Filmen kennt. Vieles hängt mit der
inneren Haltung zusammen. Natürlich kann man nicht alles planen oder kontrollieren,
aber wie viel möglich ist, wenn man Vertrauen in sich und den eigenen Körper entwickelt
und sich gut vorbereitet, hat uns überrascht und tief berührt.
Ich wünsche mir, dass mehr Frauen und Familien erfahren, dass Geburt nicht
zwangsläufig mit Schmerz, Angst und Krankenhausatmosphäre verbunden sein muss.
Es kann auch anders sein. Selbstbestimmt und geborgen. Für uns war es genau das.
Und wir sind sehr dankbar, diesen Weg gegangen zu sein. In dem Sinne danken wir den
wundervollen Hebammen des Geburtshauses, dass sie uns so toll begleitet haben und
hoffen, dass viele weitere Familien auch von unserer Erfahrung profitieren können.

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