Grete

Gretes Geburt oder „ …und es kommt anders als man denkt!“

Schon von Anfang an freute ich mich in dieser Schwangerschaft auf die Geburt. Auf die Geborgenheit im Geburtshaus, auf die stärkende Begleitung durch die Hebammen, auf die tolle Erfahrung, es überlebt zu haben, auf den magischen Moment, wenn man dieses Wunderwesen zum ersten Mal sieht, das entspannte, geruhsame Kennenlernen und dieses Mal wollte ich auch unbedingt etwas essen im Geburtshaus.
Schon in den Vorsorgen wuchs das vertraute Gefühl wieder. Ich fühlte mich gut aufgehoben, willkommen, wie unter Freunden. Johann, der werdende große Bruder, wurde selbstverständlich und liebevoll miteinbezogen. Und die Vorfreude (ja echt!) auf die Geburt wuchs mit jedem Schwangerschaftsmonat. Dann ertrugen Meike, Anne, Lisa und Jule auch meine Ungeduld, als unser Baby auch dieses Mal erst nach dem Termin kommen wollte (siehe Johanns Geburt vor 3 Jahren), sie munterten mich auf und machten mir Mut, die letzten Tage der Schwangerschaft auch noch zu „ertragen“.

Und dann wurde ich wieder krank. Die x-te Erkältung legte mich innerhalb von Tagen total flach. Zum Schnupfen kamen schnell eine Nebenhöhlenentzündung und heftiger Husten. Am 24.1. dann bekam ich Fieber und vegetierte den ganzen Tag vor mich hin, besonders der Husten machte mir Angst und am Abend passierte es dann tatsächlich: Um Punkt 18 Uhr glaubte ich bei einer heftigen Hustenattacke ein Knacken zu hören oder eher zu spüren und da floss es auch schon aus mir raus.
Auf dem Klo stellte ich dann fest, dass es tatsächlich Fruchtwasser war und es war grün!
Anne, die ersten Dienst hatte, fragte mich, ob ich Wehen hätte und ob ich das Kind spüren könne. Da ich ersteres verneinen und zweiteres zum Glück bejahen konnte, wollte sie so schnell wie möglich kommen, warnte mich aber, dass es etwas dauern könne, vom anderen Ende der Stadt!
Daniel polsterte also das Bett aus und ich legte mich wieder hin, hustete und organisierte zwischendurch alles für die Geburt, die ja nun hoffentlich bald los gehen sollte. Und schon bekam ich die ersten Wehen. Ganz erleichtert bemerkte ich, dass sie sofort im Abstand von 5-7 Minuten kamen und daher beorderte ich meine Mutter direkt zu uns, damit sie Johann abholt.
Um 18:45 Uhr kam, heiß ersehnt, Anne! Mir gings mies! Ich hustete, schniefte und wehte vor mich hin und fühlte mich einer Geburt gerade überhaupt nicht gewachsen.
Anne strahlte Ruhe, Gelassenheit und Professionalität aus, was mich sehr beruhigte.
Leider ergab die Untersuchung dann aber, dass nicht nur das Fruchtwasser wirklich sehr grün war, auch der Muttermund war noch ziemlich dicht und das Köpfchen unseres Babys (wir wussten das Geschlecht noch nicht) leider nicht so richtig im Becken. Und als sie dann mit dem Doptone die Herztöne kontrollierte, wurde Annes Gesicht plötzlich ziemlich ernst. 180 Schläge pro Minute und mehr puckerte das Herzchen! Da war jemand ziemlich im Stress.
Klar und ohne Umschweife sagte Anne mir, dass mit dem Befund eine Geburtshausgeburt nicht möglich sei und wir schnell ins Krankenhaus fahren sollten. Erstaunlicherweise brach, wider Erwarten, keine Welt für mich zusammen, denn Anne machte ganz deutlich und ich spürte selbst, dass es irgendwie nicht so gut lief wie erhofft. Also packten wir schnell die Reste und machten uns auf den Weg. Anne fuhr hinter uns her (und muss ziemlich verwirrt gewesen sein, als wir einen Ringelpietz fuhren: Wir hatten die Babyschale nicht eingepackt! *g*) und begleitete uns noch etwas. Sie kam mit zum Kreißsaal und obwohl man ganz deutlich spürte, dass sie dort nicht mehr zuständig war, blieb sie doch so aktiv und präsent, dass wir quasi eine fließenden Übergang hatten von der vertrauten Begleitung durch sie zu der durchaus freundlichen aber doch sehr fremden Betreuung im Krankenhaus.
Als wir dort dann auch innerlich angekommen waren, uns einigermaßen eingerichtet hatten und die ersten Untersuchungen gelaufen waren, verabschiedete sich Anne.
Die Ärztin versuchte noch einiges, um mich wieder aufzupeppeln und so vielleicht den Stress fürs Baby zu reduzieren (Glukose, Antibiose), aber nach 3 Stunden mit regelmäßigen Wehen, die aber keinen Effekt auf den Muttermund hatten und einem Baby mit immer noch viel zu hohen Herztönen, welches dann schließlich sogar wieder ganz aus dem Becken nach oben „schwamm“, fiel dann die Entscheidung, dass ein Kaiserschnitt notwendig sei. Mir war ganz allmählich schon klar geworden, dass es darauf hinaus laufen würde, vor allem weil sich nur die Ärzte mit mir befassten und die Hebamme kaum etwas machte.
Dann ging alles ziemlich schnell und es ist doch faszinierend, dass man, zwischen Wehen (alle 3-5 Minuten inzwischen), Hustenattacken (alle 2 Minuten) und heftigem Schniefen und Schnäuzen (2 Packungen Taschentücher in 3 Stunden!) so wichtige Entscheidungen und Fragen besprechen kann wie, welche Art der Narkose man wünscht und ob man ein Familienzimmer braucht etc….
Dann war es soweit: Im hübschen OP-Hemdchen, rasiert und kathederisiert fuhren mich die Ärztin und die Hebamme gegen 22:30 Uhr durch das halbe Klösterchen zum OP! Was war ich dankbar um die Atemtechnik, die mich davor bewahrte, den ganzen Laden zusammen zu tönen. Im OP-Bereich angekommen durfte ich auf den OP-Tisch klettern und musste nun mit gestreckten Beinen sitzen, den Rücken schön krumm machen, damit der Anästhesist in meinem Rückenmark rumspritzen konnte. Das war definitiv der schlimmste Moment der ganzen Geburt, denn es klappte nicht. 3 Mal wurde mein rechtes Bein heiß, 3 Mal setzte er an, 10 Wehen hatte ich in der Zeit, die ich dann doch vertönen musste. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass die Wehen sich nun anders anfühlen und fragte die Ärztin, ob sie nach der Anästhesie nochmal gucken könne, ob das Baby nun runter gerutscht sei, aber dazu kam es nicht mehr!
Der Anästhesist gab auf und teilte mir mit, dass doch eine Vollnarkose nötig sei und erstaunlicherweise war mir das egal! Hauptsache, die Wehen hörten auf!!! Also wurde ich hingelegt, meine Arme seitlich fest geschnallt, mein Bauch eingepinselt und dann ein grünes Tuch über meine Brust gehängt.
Ich bat darum, mich von Daniel (in OP-Montur) verabschieden zu dürfen und der Anästhesist forderte mich auf aber bitte „Bis gleich“ zu sagen und dann versuchte ich, zwischen 2 weiteren Wehen, so viel wie möglich mit zu bekommen, von dem was gemacht wurde. Ich spürte, wie mein Bauch beklebt wurde und der Anästhesist sagten: „Bereit wenn ihr es seid!“ und als das OP-Team an meinem Bauch sagte „Bereit“, konnte ich aus dem Augenwinkel sehen, wie die Spritze am Zugang gedrückt wurde, dachte noch „Endlich!“ und war weg!

Als ich wach wurde bemerkte ich als erstes heftigen Hustenreiz. Ich lag im Kreißsaal und mir tat der Bauch wahnsinnig weh.
Die Hebamme kam herein und ich konnte nur „Husten“ flüstern, da musste ich schon heftig husten und dachte, mein Bauch würde wieder auf reißen. Sie gab mir dann den Tipp, kräftig auf die Naht zu drücken, was mir ziemlich unmöglich erschien, nach etwas Überwindung dann aber half.
Kurz darauf kam die Ärztin herein und sagte, ich hätte eine Tochter und es ginge ihr gut. Ich war erleichtert und freute mich so sehr über mein kleines Mädchen. Da sie noch beobachtet werden musste, sollte Daniel bei ihr bleiben und ich versuchte, etwas wacher zu werden und möglichst wenig zu husten.

Und dann kam Daniel mit unserer Tochter im Wägelchen durch die Tür und ich sah zuerst ihre großen, offenen Augen und war sofort total verliebt in mein Mädchen. Er nahm sie heraus, zeigte sie mir, sagte, dass es ihr sofort richtig gut gegangen sei und wie groß und schwer sie war und ich konnte die Augen nicht von ihr lassen und musste doch ein bißchen weinen, über dieses wunderschöne Menschenkind!
Dann packte ich mich etwas umständlich aus, er legte sie neben mich und während sie ganz selbstverständlich trank, streichelte und bewunderte ich sie und nickte zwischendurch immer wieder ein.
Als sie an der 2. Seite trank kam die Hebamme dazu und wir wurden zu zweit ins Familienzimmer geschoben, Daniel schob das Wägelchen hinterher.
Als sie dann fertig war, ging Daniel sie anziehen und als er wieder da war berichtete er mir, dass sie ganz schnell nach dem er den OP verlassen hatte auch schon da war (geboren am 24.1.2011 um 23:05 Uhr), dass sie nur kurz abgesaugt und untersucht worden war und dann mit ihm zusammen zum Kreißsaal zurück kam und dort erst mal auf Papas nacktem Oberkörper in Ruhe ankommen durfte. Erst nach einer knappen halben Stunde wurde sie in den Inkubator gelegt, um Sauerstoffsättigung und vor allem die Herzfrequenz etwas langfristiger untersuchen zu können. Er streichelte sie dabei, damit sie nicht alleine war. Schließlich entschied die Hebamme, dass es nun genug sei und sie durften zu mir kommen. Alles war ok mit ihr, nix mehr zu merken von dem heftigen Stress den sie gehabt haben muss.
Ich war ziemlich glücklich aber die Erleichterung kam erst ein paar Tage später so richtig.

Das war die Geburt von Grete, die zwar nicht im Geburtshaus statt finden konnte und auch ansonsten ganz anders war als erhofft und trotzdem ein besonderes, großartiges und vor allem wunderschönes Ereignis war.

Wir danken vor allem Anne für ihre klare und sichere Haltung, ihr Fürsorge und Begleitung in dieser für uns extrem herausfordernden Situation, die uns sehr geholfen hat, das Notwendige zu akzeptieren und trotzdem nicht das Gefühl zu haben, gescheitert zu sein.
Und natürlich auch für die freundliche und kompetente Nachsorge (dieses Mal zum Glück ohne schwierige Stillgeschichte!).
Und wir danken auch ihr und Meike, Lisa und Jule für die tolle Begleitung in der Schwangerschaft und auch für die Unterstützung bei der Verarbeitung dieser Erfahrung. Dass ihr mir zugehört habt, angemessen beeindruckt wart von den Ereignissen und gleichzeitig ganz klar gemacht habt, dass es das einzig Richtige in unserer Situation war.

Auch wenn ein nächstes Mal eigentlich nicht mehr geplant ist, würden wir natürlich immer wieder kommen, wenn sich der Plan ändert.

Herzliche Grüße von Wiebke & Daniel mit Johann & Grete

Ein Kommentar zu “Grete

  1. Lucia schrieb am :

    sehr schoene story, das muntert total auf. Meine erste Tochter war auch ein Kaiserschnitt, jetzt bin ich schwanger, werde trotzdem im Geburtshaus versuchen zu entbinden;) Wenn man so gut begleitet wird, muss ich ja keine Angst haben 🙂

    Dankeschoen 🙂 Lucia

Kommentar schreiben

Du kannst folgendes HTML verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>