Oskars Geburtstag

Seit meine Freundin vor ein paar Jahren im Geburtshaus entbunden hat, war mir klar, da möchte ich auch hin.

Am 17.01., einen Tag nach meinem Geburtstag, kam unser Sohn Oskar bei Kerzenschein zur Welt. Ohne Einleitung, Schmerzmittel, Schnitte oder CTG!

Heute ist Tag vier. Er schläft zufrieden auf meinem Schoß und ich versuche die letzten Tage in Erinnerung zu rufen. Die Geburt kommt mir so weit weg vor, deshalb schreibe ich lieber jetzt alles auf, bevor ich etwas vergesse.

Am 16.01. habe ich mit meinen Freunden meinen Geburtstag gefeiert. Es war ein wunderschöner Tag und noch vier Tage bis zum errechneten Termin. Ich hatte noch ein paar Termine offen und hatte vom Gefühl eher mit einem verspäteten Entbindungstermin gerechnet.

Dank dem wunderbaren Geburtsvorbereitungskurs bei Johanna waren mein Freund und ich bestens über den Geburtsablauf informiert. Alles ist Kopfsache, unser Motto: Eltern entspannt = Schwangerschaft, Geburt und Kind entspannt!

Am 17.01. um 7:30 Uhr bin ich von leichten Unterleibsschmerzen geweckt worden. Ich beobachtete die Uhr und stellte fest, dass die alle sechs Minuten wieder kamen. Zunächst versuchte ich mit einer Wärmflasche wieder einzuschlafen, aber als es nicht besser wurde, legte ich mich in die Badewanne. Gegen 10 Uhr waren die Wehen nach wie vor regelmäßig. Da wussten wir, dass unser Baby auf dem Weg ist!

Mein Freund machte uns unser Lieblingsfrühstück mit Rührei und danach döste ich zwischen den Wehen noch ein bisschen auf dem Sofa. Die Schmerzen fühlten sich jetzt wie starke Menstruationskrämpfe an. Um mich abzulenken schalteten wir eine Comedy Serie ein. Am besten konnte ich die Wehen im Stehen aushalten. Ich stütze mich am Sofarücken ab und mein Freund massierte mir den Rücken und Po.

Gegen 16 Uhr wurden die Schmerzen noch stärker und ich wurde müde vom Stehen. Um Kraft zu tanken hat mein Freund mir schnell Tortellini gemacht. Nach dem Essen (und Schokolade) fühlte ich mich tatsächlich fitter und motivierter.

Ich habe jede Wehe mit einem „U“ ausgeatmet und ab ca. 17 Uhr ziemlich laut. Ich kam mir etwas blöd vor, ich hoffte, dass die Nachbarn nichts hörten. Das war einer der Gründe warum ich mich gegen eine Hausgeburt entschieden hatte. Am liebsten wäre ich aber zu Hause geblieben, denn es war ziemlich kalt und verschneit draußen (diese blöde Hemmung wegen der Nachbarn!).

Gegen 19 Uhr, nach fast 12 Stunden Wehen, rief mein Freund im Geburtshaus an und erzählte ganz ruhig wie der Tag verlief. Jule riet mir noch mal in die Wanne zu gehen, weil mit 30 Sekunden die Wehen noch zu kurz wären. Die Abstände waren aber seit ein paar Stunden schon alle drei Minuten.

In der Wanne wurden die Wehen tatsächlich länger und intensiver. Ich musste nun noch lauter tönen. Zur Unterstützung drückte ich die Hand von meinem Freund (er war erstaunt über meine Kraft).

Ich war besorgt, dass sich im Unterleib noch nichts getan hat und wollte endlich Gewissheit durch die Hebamme bekommen. Die 12 Stunden Arbeit sollten bitte nicht umsonst gewesen sein.

Um ca. 20 Uhr kam Johanna vorbei und stelle fest, dass mein Muttermund ca. 7 cm weit geöffnet war. Da war ich aber erleichtert! Johanna fuhr in das Geburtshaus vor und wir machten uns auch langsam auf den Weg dahin. Erleichtert über den Status habe ich zwischen den Wehen teilweise noch gelacht und Späßchen gemacht. Eine Wehe sollte mein Freund sogar zur Erinnerung filmen. (Er war nicht begeistert davon, aber ich hatte mich durchgesetzt. Im Nachhinein bin ich froh dieses kurze Video zu besitzen.)

Im Auto hatte ich auf der kurzen Strecke zwei Wehen. Zum Glück war es dunkel, denn die waren ausgerechnet an zwei roten Ampeln und ich tönte laut mein „U“.

Im Geburtshaus angekommen empfing uns Johanna und atmete mit mir zusammen laut aus. Das tat gut! So hatte ich keine Hemmungen mehr lauthals zu tönen und fühlte mich befreit.

Die Atmosphäre war genauso wie ich es mir vorgestellt hatte: gemütlich mit Kerzenschein, warm und ruhig. Wir hatten das ganze Haus nur für uns drei und später kam noch Hebamme Jule dazu.

In den nächsten zwei Stunden folgte ich den Anweisungen von Johanna und Jule. Ich vertraute denen blind und schaltete meinen Kopf aus. Ich konzentrierte mich auf die Vorstellung vom Baby und der Tatsache, dass es bald ein Ende haben würde.

Soweit ich mich erinnern kann, sollte ich mal vor dem Wickeltisch lehnen, mal vor dem Bett hocken, mal auf dem Bett auf der einen Seite liegen, dann auf der anderen und zwischendurch ein paar Wehen auf dem Klo sitzen. Mein Freund massierte mir weiterhin den Rücken, streichelte mich und hielt meine Hand.

Das Baby wäre fast ein Sterngucker geworden, aber die beiden Mädels haben ihn in die richtige Position gebracht. Ich bezweifle, dass der Erfolg ohne diese individuelle Betreuung auch im Krankenhaus möglich gewesen wäre. Danke! Ihr habt es mega gut gemacht!

Mehrmals wurden die Herztöne des Babys abgehört und jedes Mal hatte ich panische Angst, dass irgendetwas nicht stimmen könnte. Aber zum Glück haben wir einen kräftigen und gesunden Sohn gezeugt!

Meine Fruchtblase musste gesprengt werden – war nicht spürbar, nur das Wasser auf dem Boden hörbar.

Zum Ende setze sich mein Freund auf das Bett und ich hockte mit dem Rücken zu ihm auf dem Boden vor ihm. Er hielt mich unter den Armen fest und ab da sollte ich ohne Ton pressen. Ich verstand das nicht richtig und dachte, es wäre falsch, dass es sich wie Stuhlgang anfühlte. Aber dann kam für mich der entscheidende Satz: So, jetzt machst du den Haufen deines Lebens! Nun wusste ich, dass ich doch richtig presste und holte meine ganze Kraft zusammen. Ich fand das Pressen eher nervig als schmerzhaft und die Wehen vorher schlimmer.

Ich erinnere mich, dass ich auf die Uhr schaute und dachte, ob Oskar und ich einen oder zwei Tage von einander Geburtstag haben werden – es war kurz nach 23 Uhr. Und kurze Zeit später waren der Kopf und der Arm draußen!
Jemand fragte, ob ich es im Spiegel sehen wollte, aber ich war zu erschöpft für so etwas. Der Damm war sehr gespannt und brannte. Ich wollte nach Hause.

Als eine der beiden Hebammen sagte, dass ich nur noch einmal pressen müsse, fauchte ich: Lüg mich nicht an! Sie sprach mir geduldig Mut zu und es stimmte – plötzlich lag ein Baby vor mir.

Nach ca. zwei Stunden im Geburtshaus, um 23:16 Uhr, wurde es ganz still im Raum, alle schauten auf die offenen Augen des Babys, das mit dem Nabel um den Hals uns leise musterte. Oskar war wach und strampelte, genau wie im Bauch!

Ich quatschte zusammenhanglose Sätze und schaute abwechselnd vom Baby zu meinem Freund. (Angeblich sagte ich auch, dass es ja gar nicht so schlimm war und wir auch noch eine Tochter machen könnten).

Ich durfte den kleinen Oskar als Erste halten und berührte die pulsierende Nabelschnur. Nachdem mein Freund sie durchschneiden durfte und das Baby auf seinen nackten Oberkörper verlegt wurde, stand ich auf und presste den Mutterkuchen aus. (Johanna erklärte mir seine genauen Funktionen!) Ich legte mich zu meinen beiden Männern dazu und wir kuschelten eine Weile, während ich zwischen den Beinen versorgt wurde. Mein angeblich so gebärunfreundliches schmales Becken würde für eine natürliche Geburt nicht geeignet sein, von wegen. Stolze 36,5 cm Kopfumfang plus Hand sind mit nur leichten Verletzungen wunderbar durchgekommen.

Nach dem Essen und Duschen fühlte ich mich super fit und freute mich als kleine Familie nach Hause zu fahren. Erst am nächsten Tag war ich schlapp, wie nach einem Intensivtraining. Aber alle Sorgen und Schmerzen waren längst vergessen. Zu Hause fing unser Glück richtig an!

Ich würde jeder meiner Freundinnen das Geburtshaus oder eine Hausgeburt empfehlen – für mich kommt Krankenhaus niemals freiwillig in Frage!

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