Fenja

 

Da wolltest du lieber zuhause auf die Welt kommen…

Wir gehörten zu den glücklichen Nachrückern im Geburtshaus. Besonders im Coronajahr und mit Blick auf die groß angekündigte zweite Welle, in der unser Entbindungstermin lag, freuten wir uns umso mehr, da ich unbedingt meinen Mann bei der kompletten Geburt dabei haben wollte. Aufgrund dessen schafften wir es jedoch in den Vorsorgeuntersuchungen nicht ganz alle Hebammen dort kennenzulernen, uns fehlte genau eine. Da mein Eindruck von allen Hebammen bisher jedoch durchweg positiv war, störte mich diese Tatsache kaum. Insgeheim wünschte ich mir aber schon ein vertrautes Gesicht bei der Geburt anzutreffen.

Nachts fing ich an zu tröpfeln und ich dachte zunächst, dass ich einfach Urin verliere, was ja nicht ungewöhnlich in den letzten Wochen einer Schwangerschaft sein soll. Mein Frauenarzt teilte mir zwei Tage vorher noch mit, dass er vermutet, dass die Schwangerschaft noch locker zwei Wochen dauern wird. Die Kleine hätte grad erst angefangen sich ins Becken zu schieben. Ich ärgerte mich noch, weil ich überhaupt keine Lust mehr hatte schwanger zu sein. Als ich jedoch die ganze Nacht hindurch immer wieder tröpfelte, war ich von der Behauptung meines Gyns doch nicht mehr so überzeugt. Morgens wachte ich dann auf und verspürte ab und an ein leichtes Ziehen im Unterleib, als ob ich meine Periode bekam. Ich weckte meinen Mann und teilte ihm mit, dass ich glaube, dass es jetzt losgeht. So schnell habe ich ihn noch nie aufstehen sehen. Ich rief die Hebammenrufbereitschaft an und hatte dabei noch immer meinen Wunsch im Kopf die Person an der anderen Leitung schon zu kennen. Pustekuchen, es war genau die eine, die ich nicht kannte.

Lisa lud uns zur Kontrolle zunächst erstmal ins Geburtshaus ein und schon war die anfängliche Fremdelphase verflogen, weil auch Lisa direkt super sympathisch war. Bei der Untersuchung wurde schnell klar, dass ich Fruchtwasser verliere und der Muttermund leicht geöffnet ist. Kind und Mutter ging es blendend. Sie schickte uns also erstmal noch nach Hause mitsamt den Zutaten für den berüchtigten Wehencocktail. Sollten die Wehen bis Mittag aussetzen, solle ich den nehmen. Schließlich muss das Kind nach Platzen der Fruchtblase innerhalb der nächsten 24h geboren werden. Wir sollen sie auf dem Laufenden halten und dann nochmal vorher anrufen.

Wir machten uns dann auf den Weg für die letzte Gassirunde zu dritt. Auf dem Heimweg hatte ich schon Mühe konsequent zu laufen, da ich alle 5 min für eine Wehe innehalten musste. Mittlerweile war es schon Mittag. Dann ging alles recht zügig und ich schmiss schon mal eine App an, um meine Wehenfrequenz zu messen. Mein Mann rief Lisa an, um ihr mitzuteilen, dass meine Wehen nun sehr viel intensiver und häufiger sind. Ca. 2 Stunden lang ‚arbeitete‘ ich darauf hin die bekannte „3,2,1 Regel“ zu erreichen. Da mir Schmerzen sowieso schon immer sehr leicht auf den Magen schlagen, war vorher schon klar, dass ich mich häufiger von den Wehen übergeben musste. Irgendwann ließ mir mein Mann ein Bad ein. In dem Moment, in dem ich gerade die gewünschte Frequenz von alle 3 Minuten eine Wehe von 1er Minute Dauer erreichte, bekam ich auf einmal einen Pressdrang. Vor lauter Unsicherheit (denn die Frequenz soll ja eigentlich 2 Stunden dauern) unterdrückte ich das Pressen, aus Angst, dass es zu früh sei. Ich bat meinen Mann Lisa erneut anzurufen, die sich bei der Information direkt auf den Weg machte und nach ein paar Minuten schon bei uns auf der Matte stand. Lisa untersuchte mich noch in der Wanne und stellte fest, dass der Muttermund vollständig geöffnet ist. Mein Mann fragte, ob wir denn jetzt ins Geburtshaus fahren, worauf Lisa nur den Kopf schüttelte und ihm mitteilte, dass es dafür nun zu spät sei und wir nirgendwo mehr hinfahren. Lisa meinte es könne sein, dass die Kleine nun gleich schon da sei und rief Marisa aus der zweiten Rufbereitschaft an, damit die noch einiges an Material vorbeibrachte und uns unterstützte. Ich folgte nun nur noch Anweisungen und bekam nicht mehr so richtig mit, was um mich herum geschah. Ich war einfach froh, dass ich nun pressen durfte, denn das Gefühl nun nicht mehr einfach den Wehen ausgeliefert zu sein, sondern richtig mitzuarbeiten, gibt einem wirklich nochmal einen Motivationsschub. Irgendwann sollte ich aus der Wanne aussteigen und meinem Mann wurde mitgeteilt, dass er irgendwo was fertig machen sollte, damit wir da die Geburt fortsetzen können. Parallel dazu ließ mein Mann noch schnell unseren Hund abholen, damit der in dem Chaos nicht auch noch rumwuselte. Auf unserem Sofa angekommen, kam dann auch schon Marisa dazu. In der nächsten Etappe wechselte ich verschiedene Geburtspositionen durch: Die tiefe Hocke, den

Vierfüßlerstand und auch die Seitenlage. Aber ich hatte den Eindruck, dass es überhaupt nicht voran ging, trotz der tollen Instruktionen der beiden Damen. Nach ca. 2 Stunden pressen in verschiedenen Positionen war ich dann doch schon extrem erschöpft, nickte zwischen den Wehen auch für einen Sekundenschlaf mal weg. Ich dachte ich schaff das nicht und hätte keine Kraft mehr. Marisa und Lisa sprachen mir jedoch immer wieder Mut zu und motivierten mich bei jeder Wehe nochmal richtig Gas zu geben. Ich spürte am Scheidenausgang den Kopf meiner Tochter, der nach jeder Wehe jedoch immer erst wieder zurückrutschte, was sehr frustrierend war. Lisa ließ mich den Kopf sogar zwischendurch ertasten, massierte zwischendurch meinen Damm und Marisa protokollierte und maß immer wieder die Herztöne meiner Tochter. Schließlich versuchten wir es mit einer letzten Runde tiefe Hocke, wobei ich absolut keine Kraft mehr hatte mich wiederholt aus dem Stand fallen zu lassen, um die Schwerkraft nutzen zu können. Mein Mann stützte mich von hinten. Ein letzter kraftvoller Schub und meine Tochter kam mit einer Wehe komplett raus. Mein Mann und ich mit dem Blick von oben zwischen meine Beine, konnten den Moment als sie raus kam direkt in ihr wunderschönes Gesicht sehen und sie schaute uns auch entgegen. Ein Bild, das man nie vergessen wird. Geschafft!

Ich legte mich vor Erschöpfung zitternd mit Hilfe auf das Sofa und meine Tochter wurde mir direkt auf die Brust gelegt, mein Mann natürlich kuschelnd neben uns. Er durfte zudem auch die Nabelschnur durchtrennen. Die Plazenta kam nach einigen Minuten auch hinterher und wir durften sie uns auch ansehen. Man sah sogar noch den Riss in der Fruchtblase. Marisa meinte, dass die Geburt vielleicht auch für meine Tochter etwas überraschend kam, da sie noch sehr viel Käseschmiere an sich hatte. Sie sah aus wie ein kleiner Schneemann. Nach ca. einer Stunde wurden meine Geburtsverletzungen versorgt und Fenja bekam ihre U1. Das Nähen empfand ich nach dem Betäubungsspray als überhaupt nicht schlimm. Dann ging ich noch mit Lisas Unterstützung kurz duschen und wir drei gingen direkt ins Bett, wo ich Fenja das erste Mal stillte. Marisa schmiss netterweise noch eine Maschine Wäsche an. Abends verließen uns dann die beiden und wir saßen da, voller Adrenalin, bewunderten unsere Tochter und konnten trotz Erschöpfung gar nicht einschlafen. Dankeschön an Lisa und Marisa! Die beiden haben einen wirklich tollen Job gemacht!

Auch die Nachbetreuung vom Geburtshaus mit unserer Nachsorgehebamme Johanna fanden wir super. Wir hatten dann doch einige Schwierigkeiten mit dem Stillen, der Gewichtszunahme, etc. und bei allem wurde uns mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ich habe den allergrößten Respekt vor der Arbeit der Damen im Geburtshaus und ziehe meinen Hut. Vielen Dank auch an Johanna!

 

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